Wie viele Menschen haben sich das wohl in der letzten Nacht gewünscht? Dazu andere gute Wünsche für 2025, eine Umarmung, ein Kuss. Prosit Neujahr! Zu deutsch: Es möge nützen!
Die Entstehung der Formel des Zuprostens hat seine Wurzeln in einer ganz konkreten Begebenheit – sie stammt aus dem studentischen Leben und geht bis ins Mittelalter zurück: Damals hatte ein Prüfling seinen Prüfern zum Examen Wein mitzubringen. Und während sich der Prüfling abmühte, kluge Antworten und Gedanken zu formulieren, tranken die Herren Prüfer auf das Wohl des Kandidaten, erhoben die Gläser und wünschten ihm ein „Prosit“. Wir vermuten: Je länger die Prüfung dauerte, desto mehr nützte sie vor allem den Prüfern, die sich dem Weingenuss hingeben konnten – und das hatte dann wohl auch dem Prüfling genützt. Wer weiß?
„Prosit Neujahr“. Was soll denn da wem eigentlich wie Nutzen bringen? So gerne wir auch Leuten in der Silvesternacht zuprosten: Bei dem Wunsch meinen wir es nicht wörtlich. Denn wir hätten ein Problem damit, das neue Jahr gleich schon unter den Aspekt der Nützlichkeit zu stellen. Wir wissen: Nützlichkeitserwägungen sind klug, gerade wenn es in der Wirtschaft um Effektivität und Nachhaltigkeit geht. Aber wenn alles nur an der Frage gemessen wird: „Und was bringt (uns) das?“, dann verpassen wir womöglich sehr viel: z.B. einfaches Spielen ohne Zweck, die Seele baumeln lassen ohne Ziel, Begegnungen leben ohne Hintergedanken. Nicht alles im Leben, nicht alles im Jahr 2025 muss unter dem Vorzeichen der Nützlichkeit stehen.
Allgemeiner gesagt geht es darum, unser eigenes Leben nicht dadurch zu verlieren, dass wir ständig etwas erreichen müssen, sondern umgekehrt dadurch etwas zu gewinnen, dass wir gerade nichts erreichen wollen. Das wäre eine Lebensphilosophie, die biblisch ist: „Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen.“ (vgl. Lk 17,33). Das wäre eine Lebensphilosophie, die vielleicht zweckfrei, aber im besten Sinne „Sinn-voll“ ist.
Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint
Tokyo/Japan